Wald weltweit

Eucalyptus Regnans – Otway National Park, Vic. Australien – Foto: Frank Möller

 

Der Wald schwindet

Rund 30 Prozent (knapp 4 Mrd. Hektar) der Landoberfläche der Erde sind von Wäldern bedeckt. Sie sind ein entscheidender Schlüssel zur Lösung von Problemen, wie Klimaschutz und mit nachhaltiger Nutzung erhalten sie die biologische Vielfalt. Allerdings bedeuten sie nach Schätzungen der Weltbank für etwa 1,6 Milliarden in extremer Armut lebende Menschen eine überlebenswichtige Existenzgrundlage. Bei nachhaltiger Nutzung werden Wälder nicht geschädigt und bleiben zukünftigen Generationen erhalten.

Mehr als 3 Millionen Quadratkilometer Wald wurden zw. 2001 und 2015 weltweit gerodet (eine Fläche, fast neunmal so groß wie Deutschland). Fünf Ursachen des Waldschwunds schreiben die Forscher um Philip G. Curtis (Sustainability Consortium der Univ. von Arkansas) der Forstwirtschaft (31), Rohstoffgetriebene Abholzung (25%), Waldbrände (22%), Wanderfeldbau (21%), Urbanisierung zu (1%; Wo der Wald gerodet wird, Süddeutsche Zeitung, 20.07.2018, S. 16). ((https://www.sueddeutsche.de/wissen/waldrodung-weltweit-ein-viertel-der-waelder-ist-fuer-immer-verloren-1.4137265)) Die Übernutzung und die Zerstörung der Wälder in vielen Teilen der Welt muss gestoppt werden, wenn der Klimawandel aufgehalten werden soll.

 

Symbiose – Wälder und Felder

Relativ unbeachtet und unbekannt ist beim Thema Wald die Wald-Feld-Verteilung bzw. die Funktion von Waldrändern. Sie sind wichtige Übergangsbiotope, die biologische Vielfalt des Waldes und der umgebenden Landschaft beeinflussen. An den Waldrändern ist die sog. Rand- bzw. Grenzlinienwirkung („edge-effect“) ökologisch bedeutsam. An diesen Übergangsbereichen zwischen verschiedenen Landschafts-Ökosystemen treffen unterschiedliche Umweltfaktoren auf engem Raum aufeinander (z. B. Licht, Mikroklima und Vegetationsstrukturen). Viele Tier- und Pflanzenarten finden hier besondere ökologische Nischen. Deshalb ist es wichtig, im Rahmen der Urbansierung (Bau von Siedlungen, Gewerbegebieten) ausreichende Abstände zu Wäldern einzuhalten.

 

Das Land der Wälder: Schweden

65 % der Fläche, 28 Millionen Hektar in Schweden sind Baumbestand. Baumbestand heißt aber nicht gleich Wald, denn der schwedische Naturwald verschwindet in einem rasanten Tempo.

40 % der Baumarten sind Fichten (gemeine Fichte, Picea abis). Sie gehört wie die Kiefer zu den Kieferngewächsen. In einem gesunden Mischwald kommen Espen, Erlen und Birken dazu. Allerdings weicht der gesunde, artenreiche Wald immer mehr sog. Cellulosefarmen bestehend aus eng gepflanzten Monokulturen. 1950 begann man in Schweden im großen Stil den Wald per Kahlschlag abzuholzen. In Deutschland darf ein Kahlschlag nur unter strengen Auflagen erfolgen. Je nach Bundesland dürfen nicht mehr als zwei Hektar auf einmal gefällt werden. Allerdings gibt es Ausnahmereglungen. Waldbesitzer sind zudem nach § 11 Bundeswaldgesetz verpflichtet Kahlflächen wieder aufzuforsten. Die EU schreibt in ihrer Waldstrategie lediglich, Kahlschlag sollte möglichst vermieden werden. Diese Formulierung erscheint angesichts der Fakten, wie mit Wald umgegangen wird, möglicherweise zu schwach.

In Schweden werden jährlich durchschnittlich 250.000 Hektar Wald gefällt. 97 % davon im Kahlschlagverfahren, erklärt Daniel Rutschmann gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Derzeit sagt Rutschmann, gehen 2 % der noch existierenden Naturwälder pro Jahr verloren. WWF, Greenpeace und andere Nichtregierungsorganisationen schlagen Alarm, weil sie meinen, dass die Wälder viel zu schnell verschwinden.

Rutschmann ist Zimmermann. 2009 deckte er mit auf, dass IKEA in Nordrussland riesige Urwälder für seine Möbelproduktion abholzt. Rund 300.000 Hektar sollten dort monotonen Wirtschaftswäldern weichen. Heute arbeitet er nebenbei für eine kleine Organisation „Skydda Skogen“ und betreibt so genanntes Feldmonitorring. Dabei versucht er, geschützte Arten zu finden. Pilzarten wie der Weiße Porling, seltene Vögel wie der Dreizehenspechte oder Adler. Werden solche Arten gesichtet ist ein Roden verboten. Aber er muss schnell sein. Sechs Wochen nachdem die Firmen ihre Rodungspläne ins Internet gestellt haben, dürfen Sie mit dem Kahlschlag beginnen.

20 % des Holzes werden in langlebige Produkte umgewandelt und mehr als 70 % zu Bioenergie, Klopapier, Pappbecher und Kartons verarbeitet. Die Zellstoff- und Papierindustrie in Schweden ist die energieintensivste Industrie im Lande. Nach einer Statistik der schwedischen Energieagentur verbraucht sie jährlich mehr als dreimal so viel Energie wie die Stahl- und Metallindustrie. Eine der größten Firmen ist die Firma Svenska Cellulosa Aktiebolaget (SCA). Sie ist mit 2,6 Millionen Hektar Wald der größte private Waldbesitzer Europas.

Für Cellulose Produkte und andere Produkte aus Holz wird ein Umweltzertifikat vergeben das Forrest Stewardship Council (FSC). FSC-Kennzeichnungen garantieren, dass die Produkte aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen. Allerdings belegt eine betriebsinterne Studie von FSC International, das Schweden, die FSC-Standards sehr vage auslegt. Hier ist es möglich, in Wäldern mit Arten, die auf der roten Liste stehen zu fällen und zwar mit FSC-Zertifizierung. Daniel Rutschmann hat herausgefunden, dass die Firma SCA in etwa 500 Fällen gegen die FSC-Standards verstoßen hat. Die Firma kündige im April 2025 an, die Mitgliedschaft im FSC ruhen zu lassen, da das Label zu sehr auf Naturschutz und Biodiversität achtet, ohne die entscheidende Rolle der Forstprodukte im Klimawandel ausreichend zu berücksichtigen.

Anders Ahlström, Professor für Ökosystem, Wissenschaften an der Universität Lund, hat alte Naturwälder untersucht: „Zwischen 2008 und 2023 wurden diese Wälder prozentual gesehen, sechs Mal so schnell abgeholzt wie der Urwald im brasilianischen Amazonas.“, erklärt er gegenüber der Süddeutschen Zeitung.

Aufgrund der Abholzung haben Rentiere immer weniger Nahrung zum Fressen. Sie brauchen Flechten, die nur an alten Bäumen wachsen. Damit ist auch das Volk der Samen (Sámi) gefährdet, das letzte indigene Volk Europas. Seit Jahrhunderten lassen sie ihre Rentiere in der Gegend weiden. Früher gab es Herden von tausenden von Renntieren. Heute sind es wenige hundert. Die Firma SCA rodet den Wald weiter, ohne auf das Volk und die Renntiere Rücksicht zu nehmen.

Wichtig wäre es, sog. „erntereife Wälder“ stehen zu lassen, damit sie CO2 aufnehmen können. So wäre der Nutzen für das Klima viel größer als zur Produktion von Gebrauchsgegenständen, die wie oben beschrieben meist nur einmal gebaucht und dann weggeworfen werden. Die heutigen intensiv genutzten Wälder können erst in 150 Jahren einen wirklichen Nutzen für das Klima beitragen. Aber die Zeit drängt. Jetzt müssen die Emissionen reduziert werden.

Das Verschwinden der Wälder, Süddeutsche Zeitung, 24. Juni 2025, Seite 3, von Axel Rühle.