Streuobstwiesen

Bedrohte Gotlandschafe pflegen Streuobstwiesen 

7.11.2020 Der BUND Lemgo setzt für die „Streuobstwiese Am Lindenhaus“ Schafe zur Pflege ein. Seit geraumer Zeit sind neben Ostfriesischen Milchschafen und Bentheimer Landschafen, auch die seltenen Gotlandschafe im Einsatz. Diese eher unbekannte Rasse weckt Interesse. Immer mehr Eltern besuchen mit ihren Kindern die Schafe auf der Streuobstwiese.

Gotlandschafe, auch Pelzschafe genannt, stammen ursprünglich von der Insel Gotland in Schweden. Sie gehören zu den bedrohten Haustierrassen, wie die beiden anderen Schafrassen auch. Die lockige Wolle der Gotlandschafe hat sehr unterschiedliche Farben, von silbergrau bis dunkelbraun. Kopf und Beine sind nicht bewollt, sie haben kurze schwarze Haare. Zum Wachsen brauchen die Schafe etwas länger als andere Arten, da sie eine sehr ursprüngliche Rasse sind. Gotlandschafe sind genügsam, robust und wetterhart. Sie stellen nur geringe Ansprüche an Fütterung und Haltung. Karla Ebert vom Biolandhof in Lemgo/Hasenbrede ist als Halterin begeistert, weil Gotlandschafe sehr munter, lebenslustig und für die Pflege von Streuobstwiesen besonders gut geeignet sind. Außerdem besteht eine große Nachfrage nach der Wolle und dem Fell der Schafe. Willi Hennebrüder, BUND Lemgo

 

Schafe pflegen Streuobstwiesen, Foto – Willi Hennebrüder

 

 

Paradiesmühle Lügde-Rischenau – Bodo Westerhove erhält alte Apfelsorten

23.10.2020 Die heutige Paradiesmühle hat ihren Ursprung als Biesterfelder Schlossmühle. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts vereinigte Graf Simon VI zu Lippe mehrere Biesterfelder Hofstellen und zwei große Meierhöfe zur „Meierei Biesterfeld“. 1664 baute Jobst Hermann zur Lippe eine Mühle, die ein Jahr später wegen Streitigkeiten mit dem Erzbischof in Paderborn abgerissen wurde. Am 10. November 1764 erbaute, Friedrich Carl August Graf und Edler Herr zur Lippe, Sternberg und Schwalenberg (der letzte Herr auf Biesterfeld) die neue, heutige Mühle. Biesterfeld wurde zur gräflichen Domäne. Um 1847 entstand der Name „Paradiesmühle“. Bekannt wurden der Ort und Name Biesterfeld mit der Traumhochzeit des deutschen Grafen Bernhard zur Lippe-Biesterfeld und der niederländischen Königin Juliana, am 7. Januar 1937.

Ab 2004 restauriert Bodo Westerhove die Mühle und macht sie öffentlich zugänglich. Entstanden sind ein Mühlengasthauses und ein Museum. In dem Mühlengarten stehen eine Reihe sehr alter Apfel- und Birnbäume. Westerhove bat den BUND Lemgo um die Bestimmung von unbekannten Sorten, die hier wachsen. Willi Hennebrüder vom BUND Lemgo half. Er schickte die Obstsorten zu dem Pomologen Anton Klaus (Bayern). Seit gut 10 Jahren bestimmt Klaus in Kooperation mit dem BUND Lemgo Apfel- und Birnensorten. Klaus zieht in seinem Garten mehr als 500 alten Sorten.

Drei von vier eingesandten Sorten konnte Anton Klaus sicher bestimmen. Sie zeigen: Die ehemaligen Eigentümer trafen eine gute Sortenauswahl. Die drei Sorten haben eine natürliche Lagerfähigkeit bis März oder gar April.

  • Boikenapfel, eine uralte Deutsche Apfelsorte, die bereits 1828 im Katalog der Baumschule auf dem Burgenfelde bei Hamburg angeboten wurde. Benannt wurde sie nach dem Deichvogt Boiken.
  • Eifeler Rambur, stammt aus Frankreich. 1768 beschrieb sie der Botaniker Henri Louis Duhamel du Monceau als Winter­ram­bur. Ein hervorragender Apfel für Tafel und Küche.
  • Goldrenette aus Blenheim, kommt aus England. Englischen Quellen nach wurde er um 1740 als Zufallssämling gefunden und ab 1820 verbreitet.

Dass solch wertvolle Apfelsorten im Garten der Paradiesmühle wachsen freut Bodo Westerhove. Deshalb will er in naher Zukunft weitere Apfelsorten anpflanzen und einen Lehrpfad anlegen. Willi Hennebrüder, BUND Lemgo

 

Von li.: Boikenapfel, Eifeler Rambur, Goldrenette aus Blenheim

 

 

Der Tannenkrüger – Ursprung älter als gedacht

21.10.2020 Die Synonyme „Tannenkrug“ und „Lippische Goldparmäne“ weisen auf die Herkunft der Sorte hin. Züchter R. Cronemeyer vom Tannenkrug Hof in Leopoldshöhe zog die Sorte 1905 aus Samen der Goldparmäne, besagt die Broschüre „Alte Obstsorten neu entdeckt für Westfalen und Lippe“, 2008 (Hrsg. Biologische Station Ravensberg und Stiftung für die Natur Ravensberg).

Form und Farbe sind der uralten englischen Sorte Goldparmäne sehr ähnlich.

Die Natur in Lippe nahm wertvolle Veränderungen vor. Der Tannenkrüger ist nicht schorfanfällig, die Goldparmäne schon. Schädigungen des Tannenkrügerapfels durch den Apfelwickler sind sehr selten. Wohl deshalb stellte der Pomologen Julius Heeschen (Hamburg-Neufeld) 1909 den „Tannenkrug“ in der Fachzeitschrift „Erfurter Führer im Obst- und Gartenbau“ als Neuheit vor: „Die mittelgroße, goldgelbe Frucht ist lange haltbar, hat abknackendes, hartes Fleisch und guten Geschmack. Baum breit und buschig, kräftig wachsend, ist sehr gesund und früh und regelmäßig tragend. Ein Anbauversuch mit Tannenkrug ist für kräftigen, feuchten Boden wohl zu empfehlen.“

Der Tannenkrüger dürfte jedoch älter sein als bisher bekannt. Baumschulbesitzer Carl Grote aus Lemgo schreibt 1910 in seinem Baumschulkatalog: „Der Mutterbaum, der ca. 20 Jahre alt ist und in hiesigen Verhältnissen aufgezogen, ist frei von Krebs und Krankheiten. Es ist deshalb die berechtigte Annahme vorhanden, dass diese Sorte für rauere Gegend als Ersatz für die wertvolle, hier auf schweren Boden nicht gut gedeihende Goldparmäne angesehen werden darf.“

Die Angaben von Carl Grote belegen etwa das Jahr 1890 für den Ursprung des Tannenkrügers. Grote lobt den „edlen gewürzhaften Geschmack“ und die um vier bis sechs Wochen längere Haltbarkeit gegenüber der Goldparmäne.

Für eine Entstehung vor 1900 spricht auch der Erfahrungsbericht von Heeschen zum Baumwachstum und zum Ertrag aus dem Jahr 1909. Aktuelle Untersuchungen der Hochschule OWL – Abt. Lebensmitteltechnologie – ergaben einen hohen Gehalt an gesundheitsfördernden Polyphenolen. Daher ist der Tannenkrüger auch für Apfelallergiker meist verträglich. Die wertvolle Lokalsorte, kann sowohl für den Streuobstanbau als auch für den Privatgarten empfohlen werden.

Willi Hennebrüder (Tafel und Foto: BUND Lemgo)

Tannenkrüger_Blüte_BUND-Lemgo.png 27. Oktober 2020

 

Klimawandel – Ein Obstbauer spricht Klartext

21.09.2020 Der Klimawandel bereitet auch den Erwerbsobstbauern Ernteeinbußen. Willi Hennebrüder, Lemgoer Ortsgruppe im Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, befragte den Obstbauer Roland Schmitz-Hübsch, der mit großen Sorgen in die Zukunft schaut.

Schmitz-Hübsch betreibt in Bornheim-Merten (Rheinland, im Süden von Nordrhein-Westfalen), in vierter Generation, den ältesten Obstbaubetrieb Deutschlands. Sein Urgroßvater Otto Schmitz-Hübsch gründete den Betrieb 1896. Roland Schmitz-Hübsch betreibt einen plantagenmäßigen Anbau von Edelobst auf einer Fläche von 36 Hektar. Die Ernteerfolge sind abhängig vom Wetter und Klima. Seit 1972 gibt es auf dem Obsthof eine lückenlose Aufzeichnungen über die Wetterentwicklung. Die Auswirkungen des Klimawandels sind inzwischen sehr vielfältig. Dazu gehören:

  • Blütenfrost – Aufgrund der milden Winter erfolgt die Blütezeit inzwischen zwei bis drei Wochen früher. dadurch hat das Risiko von Spätfrösten zugenommen. Um die Ausfälle in Grenzen zu halten mussten Beregnungsanlagen installiert werden, mit denen versucht wird die Blüten vor dem Erfrieren zu retten.
  • Trockenperioden und Hagel – Durch die Zunahme von Wetterextremen mit längeren Trockenperioden war eine Tröpfchenbewässerung notwendig. Ohne Bewässerungssysteme ist der Erwerbsobstbau schon jetzt nicht mehr denkbar. Der Wasserbedarf ist inzwischen enorm. Um das Obst vor zunehmende Starkregenereignisse mit Hagel zu schützen, war die Installation von Hagelnetzen erforderlich. Investitionskosten von 15.000 € je ha fielen an. Die Netze führen zur einer Vermehrung der Mäuse, da die Greifvögel die Flächen nicht bejagen und so die Population in Grenzen halten können.
  • Sonnenbrand und Schalenbräune – Bei Temperaturen über 35 Grad bilden sich Brandflecken auf den Äpfeln. Die Äpfel verkochen regelrecht und sind damit unverkäuflich. Ein weiteres neues Problem ist die Schalenbräune, bei der sich die Schale während der Lagerzeit braun bis dunkelbraun verfärbt. Vermutet wird eine zu intensive UV-Einstrahlung als Ursache.
  • Verlust wertvoller Apfelsorten – Beispielspielhaft sei die Sorte Cox Orangenrenette genannt. Sie wurde im gemäßigten Klima Englands gezüchtet und wegen ihres hervorragenden Geschmacks schnell auch in Deutschland verbreitet. Hohe Sonnentemperaturen und einzelne Hitzeperioden verträgt die Sorte nicht. Daher wird sie kaum noch angebaut. 
  • Glasigkeit  Durch die höhere Sonneneinstrahlung wird über die Photosynthese auch mehr Zucker in den Früchten eingelagert. Der wird bei einem zu hohen Zuckeranteil z. T. in Stärke umgewandelt. Wird diese Stärke zur Fruchtreife hin nicht wieder in Zucker umgewandelt, erscheint das Fruchtfleisch glasig, sog. Glasigkeit. In diesem Stadium sind die Früchte unverkäuflich und können im weiteren Verlauf zu Fäulnis neigen. Eine leichte Glasigkeit kann oft während der Lagerung von den Früchten selbst veratmet und so abgebaut werden. Info: In asiatischen Ländern gilt die Glasigkeit als besonders hochwertig!
  • Schädlinge – Durch die milden Winter wird die Population der Obstbauschädlinge weit weniger reduziert als in früheren Jahren. Außerdem wandern inzwischen neue Schädlinge ein,  z.B. die marmorierte Baumwanze (Stinkwanze). Sie schädigt Obst und Blätter, weil sie den Pflanzensaft absaugt. Daraus entstehen Nekrosen und Verkrüppelungen, die die Früchte ungenießbar machen. 

Roland Schmitz-Hübsch wünscht sich, dass für den Klimaschutz weltweit endlich mehr getan wird, um noch größere Negativentwicklungen für den Obstbau und die Landwirtschaft insgesamt zu verhindern. Willi Hennebrüder, BUND Lemgo

 

Apfel mit Sonnenbrandschaden- Foto: Roland Schmitz-Hübsch

 

Tipp: Ausbreitung untersuchen. Marmorierte Baumwarzenfunde mit Foto und Angabe des Fundort formlos als Mail an die entsprechende Behörden melden. Das Landesanstalt für Landwirtschaft oder das Ordnungsamt geben Auskunft welche Behörde in welchem Bundesland zuständig ist.

 

WDR-Fernsehen zu Gast auf der Lemgoer Streuobstwiese

15.09.2020 Ein Fernsehteam von der Sendung WDR-Servicezeit war zu Besuch in der Streuobstwiese der Lemgoer Gruppe im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Dabei ging es um eine Apfelallergie-Studie, die der BUND Lemgo gemeinsam mit dem Allergiezentrum der Berliner Charité durchführte. Gesprächspartner waren Willi Hennebrüder  BUND Lemgo, der das Projekt Apfelallergie leitet, Ilse Schmidt aus Lage und Lars Stricker aus Lemgo als ausgewählte Probanden. Die Studie zeigt erfreuliche Ergebnisse, für die Mehrzahl der Probanden, u.a.

  • fast ausnahmslos wurden die alten Apfelsorten problemlos vertragen
  • durch regelmäßiges Essen von alter Apfelsorten traten weniger Probleme beim Konsum von sonst unverträglichen Sorten auf
  • litten die Probanden unter Heuschnupfen, hatten sie im Folgejahr weniger Probleme mit der Pollenallergie. 

In Kooperation mit dem Allergiezentrum der Berliner Charité wird die Studien fortgeführt und der Befragungskatalog erweitert. Gerne können sich weitere Apfelallergiker/innen melden und an der Studie teilnehmen. Informationen dazu https://www.bund-lemgo.de/apfelallergie.html. Willi Hennebrüder, BUND Lemgo