Wald & Schutzfunktion

Frühsommerliche Buchenblätter im Bannwald Lüerdissen - Foto: Frank Möller
Frühsommerliche Buchenblätter im Bannwald Lüerdissen – Foto: Frank Möller

 

Naturnahe Waldnutzung nach Fähser

23.01.2024 (ah) Dr. Lutz Fähser entwickelte als promovierter Forstwirt das Konzept der Naturnahen Waldnutzung. Den 5000 Hektar großen Lübecker-Stadtwald baute er nach seinem  Konzept langsam um. Die „Naturnahe Waldnutzung“ wurde zur Grundlage der ersten ökosozialen Zertifizierung von Forstbetrieben in Deutschland durch „Naturland e.V.“. 

Das Konzept der „Naturnahe Waldnutzung“ nutzen viele Städte. Der Münchner Stadtwald (5.000 Hektar groß), der Berliner Stadtwald, (zugleich auch Landeswald, 29.000 Hektar groß), Hannover, Bonn, die Mittelrheingemeinde Boppard, Göttingen, Düsseldorf, Aachen und andere bewirtschaften und pflegen die Wälder naturnah. Immer wieder hält Fähser Vorträge in verschiedenen Regionen, um sein Wissen weiterzugeben.

In Wegberg, Landkreis Heinsberg, Regierungsbezirk Köln in Nordrhein-Westfalen referierte Fähser am 20.10.2023 auf eine Einladung von KlimaTisch e.V., den NABU-Ortsgruppen Wegberg und Mönchengladbach, der Stadt Wegberg, sowie von „Do it for Nature“. Vor rund 300 Teilnehmern empfahl er einen klaren Kurs für die Wälder: „Wir müssen mit der Natur gut umgehen.“ Vorhandene Ökosysteme seien bereits seit 300 Millionen Jahren existent; „ein Geschenk, das sich von allein immer wieder anpasst und optimiert“.

Der 79-Jährige erklärte, im Lübecker Stadtwald würden nur noch einzelne alte Bäume „geerntet“, nur solche, die voraussichtlich eines Tages umstürzen. Stehen bleiben vor allem sogenannte Habitat- oder Biotopbäume, d.h. Bäume, die einen Lebensraum für Tiere bieten. Biotopbäume bilden viele Vorteile: Mulchtaschen für Käfer, Horste für Greifvögel oder Spechthöhlen. Habitatbäume, die eines Tages zusammenbrechen, absterben oder durch Sturm umfallen, bleiben liegen. Sie werden dem natürlichen Zersetzungsprozess überlassen und bilden als Totholz eine wichtige Funktion, aus der neues Leben entsteht. In Lübeck sollten mindestens zehn Prozent des Baumvolumens Tot- oder Biotopholz sein, inzwischen sei der Anteil auf 17 Prozent angewachsen.

Einige Kritiker haben versucht, das Konzept ad absurdum zu führen. Nachweislich hat die „Naturnahe Waldnutzung“ zu einem sehr hohen Holzproduktionswert geführt – im Vergleich zu privaten und öffentlichen Forsten. Außerdem wurde die Biodiversität gefördert und erhöht.

Grundlagen zur Naturnahen Waldbewirtschaftung

  • Qualifizierte Entscheidungen. Deshalb: mehr Forstfachleute, statt mehr Maschineneinsatz.
  • Reduzierte Pflegeeingriffe und Durchforstung. Wenig Neupflanzungen, Baum-Vermehrung durch natürliches Versähen fördern.
  • Natürliche Verbreitung heimischer, standortgemäßer Baumarten unterstützen. Damit Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegen Störungen wie Sturm, Trockenheit oder Borkenkäferbefall sowie Reduktion des finanziellen Risikos des Betriebs.
  • Wirtschaftlichkeit durch Einzelstammnutzung und Qualität statt Quantität bei regelmäßigen Erträgen. Holzernte mit möglichst wenig Großmaschinen, verstärkt mit Seilwinden und Rückepferden.
  • Durch die naturnahe Waldbewirtschaftung geförderte Mischwälder erlaubt mehr Flexibilität am Holzmarkt und erzielen damit bessere Preise.
  • Eine naturnahe Waldbewirtschaftung rechnet sich für alle Beteiligten (Naturwald Akademie).

 Veröffentlichungen

  • Knapp, Klaus, Fähser (Hrsg.), Der Holzweg. Wald im Widerstreit der Interessen, Oekom Verlag. ISBN: 978-3-96238-266-7.
  • Wie der Klimawandel den Wald beeinflusst und welche Rolle der Wald beim Klimaschutz spielt, erklärt Dr. Fähser in diesem Video (https://www.youtube.com/watch?v=-dq7vdz1oWs)
  • Einzelnen Aspekte der naturnahen Waldbewirtschaftung zeigen folgende Videos.

 


 

Shinrin Yoku – Waldbaden

26.10.2022 (ah) Diese (Therapie-)Methode kommt aus Japan. 1982 prägte dort das japanische Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Fischerei den Begriff „Shinrin Yoku“, kurz „Waldbaden“. Shinrin Yoku ist mittlerweile in Japan und Südkorea ein fester Bestandteil der Gesundheitsvorsorge.

Wissenschaftliche Arbeiten zeigen: Ein Bad im Wald senkt den Blutdruck, regulierte den Puls, reduziert Stresshormone und aktiviert das Immunsystem.

In Deutschland darf der Wald zur Erholung frei betreten werden. Über 55 Mio. Menschen bzw. 70 Prozent der Bevölkerung nutzen dieses Angebot mindestens einmal im Jahr, überwiegend im Umfeld des Wohnortes.

Immer mehr Bürgerinnen und Bürger fühlen sich durch den Beruf und im Alltag gestresst. Erholung im Wald, im Grün der Natur, im Duft von Waldboden und Bäumen gelingt den meisten die Entspannung. Allein die die Geräusche im Wald fördern das Wohlbefinden und das Loslassenkönnen von Alltagsproblemen. Ein Team vom Bayerischen Rundfunk hat für rund 60 Minuten Waldgeräusche aufgenommen. Podcast: br.de/mediathek/podcast

Kurzlink zum Weiterverbreiten: https://br.de/s/4jHHj0R

 


 

Wälder sind multifunktional

5.06.2021 (ah) Wälder sind natürliche Klimaanlagen und Luftfilter. Neben ihrer Rolle als Kohlenstoffspeicher und CO2-Senke haben sie wichtige Funktionen für das Lokalklima. Daran sind mehrere Mechanismen beteiligt:

  • Windbremse: Schon am Waldrand lässt die Luftbewegung aufgrund der Gehölze nach. Das schützt den Waldboden vor Winderosion. Auch vor und hinter dem Wald entstehen Zonen mit verringerter Windintensität. Dieser Effekt ist an der windabgewandten Seite noch in einer Entfernung von 10 bis 15 Baumlängen messbar (bis zu ca. 500 m).
  • Strahlungsbilanz: Das geschlossene Baumkronendach wirkt wie ein schützendes Zeltdach. Das Waldesinnere wird vor Wind, Sonneneinstrahlung, nächtlichen Wärmestrahlungsverlusten und vor Austrocknung geschützt. Vor allem im Sommer verdunsten die Bäume viel Wasser. Das ist dem aktiven Stoffwechsel und Kühlsystem zu verdanken (das dazu benötigte Wasser ziehen die Bäume über die Wurzeln aus dem Boden) und dem „passiv“ verdunstenden Niederschlagswasser (über die großen Oberfläche der Bäume, sammelt sich Nebel und Regen aus der Luft und verdunste). In beiden Fällen sorgt dies für eine kühlende Wirkung und extreme Temperaturschwankungen werden abgeschwächt. Daher ist es im Wald im Sommer kühler, im Winter dagegen etwas wärmer als beispielsweise auf dem freien Feld. Die Wälder geben diese Wärme bzw. Kühle auch an die Umgebung ab und wirken auf diese Weise temperaturausgleichend.
  • Luftfilter: Mit ihrer großen Oberfläche filtern die Bäume Staub und andere Luftverunreinigungen aus der Atmosphäre. Über Niederschläge werden diese an den Boden abgeleitet. Stickstoffhaltige Luftschadstoffe wirken dort eutrophierend bzw. versauernd, was den Wald schädigt. Luftreinhaltemaßnahmen haben die Wälder messbar von Luftverunreinigungen entlastet. Dennoch überschreiten v. a. die Stickstoffeinträge vielerorts die kritischen Eintragsraten (Critical Loads). Sie reichern sich in den Waldböden an, wirken zugleich versauernd und eutrophierend. Dies belastet das Grundwasser, beeinträchtigt den Gesundheitszustand der Bäume wie auch die biologische Vielfalt der Wälder. Auf den Dauerbeobachtungsflächen des intensiven forstlichen Umweltmonitorings werden die Eintragsraten von Schwefel- und Stickstoffverbindungen gemessen und deren Wirkungen beobachtet. Diese Erhebungen sind eingebunden in das internationale Monitoring zur Wirkung grenzüberschreitender Luftverunreinigungen auf Wälder unter dem Internationalen Kooperationsprogramm ICP Forests (http://icp-forests.net/), das unter der Schirmherrschaft der Genfer Luftreinhaltekonvention (UN-ECE, CLRTAP14) arbeitet.
  • Frischluftpumpe Wald: Die Temperaturunterschiede zwischen Wald und Siedlung führen zu einem ständigen Luftaustausch, da sich die Luft über Siedlungen stärker erwärmt als die Luft über dem Wald. Die Warmluft aus dem Siedlungsbereich steigt nach oben. Am Abend, wenn die Sonneneinstrahlung nachlässt, kühlen diese Luftmassen ab und sinken in das Waldinnere. Gleichzeitig filtern die Blattorgane Staub, Ruß und gasförmige Verunreinigungen aus der Luft heraus. Über der Siedlung aufgeheizte Luft dagegen steigt auf und zieht die kühlere, sauerstoffreiche Frischluft aus dem Wald nach.
  • Erholungsspender: Die Wälder erfüllen für unsere Gesellschaft nicht nur Nutz- und Schutz-, sondern auch Freizeit- und Erholungsfunktionen. Waldbesuche steigern das Wohlbefinden und die Gesundheit, wie Studien belegen. Derzeit ist in Deutschland das sog. „Waldbaden“ im Kommen (s.o.)